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Wie die Ushgoroder informelle Bildung in Europa erforschten. Abschnitt II.

12 February 2020 123

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Der Bildungsverein „Gombytschka“ (Knöpfchen) setzt fort, intensiv informelle Bildung an den besten Beispielen zu erforschen. Anfang Dezember dieses Jahres ist es uns gelungen, die „Kulturexpedition“ nach Deutschland zu verwirklichen. Diese Bildungsreise für die Eltern mit den Kindern hat uns allen Möglichkeit gegeben, in Realität zu erleben wie eine Stadt zu einem Bildungsraum werden kann: Wie der öffentliche Raum mit den Gedanken an den kleinen Bewohnern funktioniert (Spielplätze, Verkehrsmittel usw.), wie Kinder- und Familienprogramme in Museen und Galerien gestaltet sind, wie informelle und informelle Bildung in Deutschland organisiert ist.

Unser Team besteht aus Psychologen, Kulturmanagern, Lehrern, Menschen, die sich mit informeller Bildung beschäftigen. Jetzt möchten wir unsere Erfahrungen mit interessierten Fachleuten und Eltern hier in Transkarpatien teilen. Wir haben eine Reihe von Abhandlungen vorbereitet, die unsere Erfahrungen in Deutschland beschreiben. Wir hoffen darauf, dass das ein Anstoß für den gesamten Kultursektor sein wird, d.h. der Anstoß für viele Erwachsene, sich für Kinder und ihre Entwicklung zu öffnen, ihre Arbeit neu zu organisieren, Familien- und Kinderaktivitäten zu entwickeln oder einfach das Kind und seine Welt zu verstehen.

Ein alter Freund von Ushgorod in den deutsch-ukrainischen Beziehungen ist Peter Ehry (PDUM Partnerschaft Deutschland-Ukraine / Moldova e. V.). Dank seiner Inspiration und Unterstützung haben wir an den im Voraus sorgfältig geplanten Standorten „grünes Licht“ bekommen. Die einwöchige Reise beinhaltete Besuch bei Bioversum Jagdschloss Kranichstein, Staatstheater Darmstadt und Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Struwwelpeter-Museum in Frankfurt am Main, einer Waldorfschule und einem Kindergarten. Das Projekt wurde auf eigene Kosten realisiert.

In diesem Artikel geht es kurz um dieSchirn Kunsthalle Frankfurt und Staatstheater

Die bewusst gemachte Kunst. Schirn und das Staatstheater

Auskunft

Die SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT ist eine der angesehensten Ausstellungshallen in Europa. Siewurde 1986 eröffnet; auf der Fläche von 2000 m² wurden über 260 Ausstellungen mit über 8,8 Millionen Besuchern gezeigt. Die SCHIRN zeigt Kunst von der Moderne bis in die Gegenwart. Sie thematisiert Kunst- und Kulturgeschichte, Diskurse und Trends aus Sicht der unmittelbaren Gegenwart. Ihr Programm ist vielfältig, international und fortschrittlich. Es eröffnet neue Perspektiven und bricht traditionelle Rezeptionsmuster auf.

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Unsere Erfahrung

Die SCHIRN in Frankfurt ist äußerst leicht zu finden. Eine der U-Bahn-Stationen befindet sich direkt unterhalb des Kunstzentrums und führt zum zentralen Platz, dem sogenannten „Römer“, der im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört und sorgfältig in seiner ursprünglichen Form restauriert wurde. Der Name “Schirn” leitet sich aus der Geschichte des Ortes ab, an dem sich die Galerie heute befindet. Ursprünglich standen dort offene Verkaufsstände, die mit dem Wort „Schirn“ bezeichnet wurden.

Die Kinder im Alter von 4 bis 9 Jahren schauen sich die aktuelle Ausstellung über die schwedisch-norwegischen Künstlerin  Hannah Ryggen an, und wir Erwachsenen führen in dieser Zeit ein bedeutungsvolles Gespräch mit einer Fachfrau der pädagogischen Abteilung über die Bedeutung von Kunst …

Ein solches Szenario ist vorstellbar, aber in der SCHIRN ist das anders. Wir werden auch die Ausstellung besuchen, aber erst im nächsten Schritt.

Unsere Kinder erwartet in der SCHIRN zunächst ein ganz besonderer Erlebnisraum, die MINISCHIRN (so wird der Spiel- und Lernparcours genannt). Natürlich wird niemand von der freundlichen Haltung gegenüber den Kindern in Deutschland überrascht sein. Aber um ehrlich zu sein, gibt es nur wenige Kunstinstitutionen, die einen Spiel- und Bildungsbereich speziell für die Bedürfnisse der Kleinsten einrichten.

MINISCHIRN lädt Kinder dazu ein, geheime Passagen und Räume zu entdecken, in denen verschiedene visuelle Phänomene untersucht werden können. Hier ist ein Fenster mit mehrfarbigen transparenten Platten, in dem man sehen kann, wie sich die Primärfarben mischen und was dabei herauskommt. Es gibt einen Spiegelraum, wo man sich im Labyrinth der Spiegelbilder verirren kann. Da ist auch ein Kasten mit einem dreidimensionalen Straßenlayout, durch dessen Öffnungen dasselbe von völlig unterschiedlichen Blickwinkeln sichtbar ist. Es gibt eine Schaukel, auf der Kinder nicht nur schwingen, sondern die erste Animationsmaschine starten. Dabei verbinden sich die statischen Bilder und beginnen sich zu bewegen. Die Kinder wurden auch von einem interaktiven Kaleidoskop und einem Berührungstunnel beeindruckt.

Die MINISCHIRN gehört nur den Kindern. Betreut von pädagogischen Fachpersonal gehen sie eigenständig auf Entdeckungsreise in die Welt der Farben und Formen. Aber einmal pro Woche findet ein Familientag statt, an dem Kinder den Erwachsenen ihr Reich zeigen. Hier ist es auch möglich, den Geburtstag zu feiern.

Wir lassen die Kinder in diesem für sie so spannenden Raum und treffen die Mitarbeiterin der Abteilung Bildung, Vermittlung, Kunstpädagogik Olga Schätz. Das Gespräch findet im SCHIRN STUDIO statt, in dem noch Spuren des kürzlich beendeten Workshops deutlich erkennbar sind.

Die Designschränke des Studios bieten alles, was für den Unterricht in Kunst aller Art benötigt wird: Öl- und Aquarellfarben, Pinsel, verschiedene Papiersorten, Metallplatten, Linoleum, Fäden…

Von Anfang an ist klar, dass MINISCHIRN nur die Spitze des Eisbergs im Dialog mit dem Kind ist. Eine Kinderkunstnacht, Förderprogramme für Kinder und Jugendliche, familienfreundliche Angebote (einschließlich Veranstaltungen für inklusive Gruppen), kreative Angebote für alle Altersgruppen und mehr – alle diese Aktivitäten haben ein Ziel: die Inhalte der aktuellen Ausstellungen sowie die verschiedenen künstlerischen Techniken und Ausdrucksmittel altersgerecht zu vermitteln und verschiedene Zielgruppen für die Auseinandersetzung mit Kunst zu begeistern. Olga Schätz sagt, dass die Ausstellungen alle 3-4 Monate wechseln. So erklärt sich diese große Anzahl von begleitenden Projekten und Aktivitäten für Kinder und Erwachsene.

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Am Anfang von jeder Ausstellung gibt es in der Kunsthalle eine Fortbildung für Schullehrer und Erzieher. Die Lehrkräfte erhalten eine Einführung in die Ausstellung. Im Anschluss daran stellen die Mitarbeiter der Vermittlungsabteilung das pädagogische Konzept und die Möglichkeiten der praktischen Vermittlung vor. In der Abteilung sind 6 Personen fest angestellt. Die Arbeitsbelastung und die Anzahl der Bildungsprogramme sind dabei einfach beeindruckend. Dazu kommen aber noch: Team der Führungsannahme, Team der MINISCHIRN und die freien Mitarbeiter, die die Führungen und Workshops im Haus machen. Überraschenderweise gibt es sogar Wartelisten, um an bestimmten Projekten teilzunehmen.

Eine ähnliche Idee der Bekanntmachung mit der Kunst wird vom Staatstheater Darmstadt eingeführt. Lina Zehelein, die Leiterin der Abteilung Theaterpädagogik, erzählt uns beim Treffen davon.

Auskunft

Staatstheater Darmstadt ist ein Mehrzweckgebäude mit Musik-und Tanztheater, Schauspiel- und Konzertaktivitäten. Die große Bühne kann 956 Zuschauer beherbergen, in die kleine Bühne – 482. In der kleinsten Spielstätte, den Kammerspielen, können bis zu 200 Zuschauer*innen Platz nehmen. Im Staatstheater arbeiten mehr als 550 Bühnen- und Backstage-Mitarbeiter. Es gibt ungefähr vierzig Premieren pro Saison. Darüber hinaus gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Konzerten, Lesungen, Workshops, Gaspielen, Reden und öffentlichen Proben. Das Theater präsentiert sich auch in der Stadt: Es gibt Konzerte auf einem großen Platz vor dem Theater und an anderen Orten.

Unsere Erfahrung

Geben Sie zu, das erste, was Ihnen einfällt, wenn Sie die Wörter “Theater” und “Kindererziehung” hören, sind Kindertheater-AGs. Aber hier ist ein etwas anderer Blick darauf.

Falls man Kinder als Zuschauer betrachtet, ist es logisch an dem Verständnis der  Theateraufführungen zu arbeiten. Aber das ist nicht immer einfach, besonders wenn es um Ballett und Oper sogar nach den Leitmotiven der Kinderwerke geht.

Der Unterricht mit einer Gruppe von Kindern umfasst zwei Hauptetappen: Vorbereitung und Abschluss.

Bei der Vorbereitung handelt es sich um einen Zugang zu der Aufführung. Häufig beinhaltet solche Arbeit Lektionen zum “Ausziehen” von Musikklängen und zum “Lesen” von Informationen über Musikwerke. Es ist auch logisch, an Emotionen zu arbeiten, die mit der Aufführung zusammenhängen. Natürlich berücksichtigt eine solche Arbeit das Alter und die Erfahrung der Kinder.

Tatsächlich formulieren die Pädagogen beim Auffordern zum Nachdenken eine ganze Palette von Meisterfragen, wobei sie die Beurteilung “gut – schlecht” oder “wie – nicht – mögen” vermeiden.

Die letzte Etappe der Reflexion nach der Aufführung ist am wertvollsten. Wir stellen erstaunt eine Frage: Wozu? Um Erwachsenen ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, wie Kinder das Werk sahen. Im Falle eines völligen Missverständnisses werden auch schon mal Elemente der Aufführung geändert. Zu den exquisiten Angeboten des Theaters gehört die Möglichkeit, eine Probe vor der Premiere zu sehen, eine eigene Musikpartie zu schreiben und sie mit dem Staatsorchester aufzuführen sowie den gesamten vorbereitenden Backstage-Prozess zu verfolgen.

Lina Zehelein erzählt uns von einem der Radioshow-Projekte. Eine Gruppe von Kindern, die noch nie zuvor im Theater gewesen war, wurde beauftragt, alle Räumlichkeiten des Gebäudes zu besichtigen und aus dem Gesehenen eine Geschichte dazu frei zu erfinden und aufzunehmen. Auf diese Weise konnten sich Erwachsene, die am Staatstheater arbeiteten, in den Bildern von zauberhaften Gnomen erkennen, die eilig mit ihren eigenen Sachen beschäftigt waren.

Die Zusammenarbeit von Theater und Schule (TUSCH) ist ein weiterer Baustein in der engen Beziehung zwischen Kindern und Kunst. Nein, das sind weder Theateraufführungen in der Schule, noch geplante Ausflüge der Schüler zu den Aufführungen. Es ist die Arbeit von Schülern mit Theaterschaffenden, die nach sozialen Themen und künstlerischen Ausdrucksformen zu suchen beginnen. Innerhalb dieses Netzwerks fördert TUSCH Treffen und schafft so eine Plattform für die Kommunikation zwischen Schülern, Lehrern und teilnehmenden Künstlern und Theatern.

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Übrigens arbeiten hier Lehrer und Musikpädagogen aktiv mit dem Theater. Deshalb veranstaltet das Theater für sie von Zeit zu Zeit Schulungen.

Wir verlassen das Theater verwundert über die Größe des Gebäudes, die Werkstätten sowie das globale, strategische Denken des Theaters für die Jahre im Voraus. Es ist sofort klar, dass das Staatstheater ein integraler Bestandteil der Gesellschaft und ein Teil des Lebens von Darmstädter von der Geburt  an bis ins hohe Alter ist.

Der Bildungsverein “Gombytschka”

Übersetzt von Viktoriya Syno

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